Zum Turnier der vertanen Chancen wurde für ESK-Talent Moritz Franke das traditionelle Staufer Open zum Jahresauftakt in Schwäbisch Gmünd. Mit zweieinhalb Punkten aus neun Runden wurde der Zehnjährige im B-Open ziemlich unter Wert geschlagen. In zwei Partien ging jeweils eine Gewinnstellung den Bach herunter, in zwei anderen war das Remis fast schon unterschriftsreif, ehe kleine Ungenauigkeiten im Endspiel den Friedensschluss zunichte machten. Rein rechnerisch waren also zwei bis drei Punkte mehr drin gewesen. Ein Defizit, das womöglich Moritz‘ krankheitsbedingt fehlender Spielpraxis in den letzten Wochen des vergangenen Jahres geschuldet ist.
Nach der ersten Enttäuschung blickte Moritz aber frisch motiviert nach vorn. Am Bücherstand kaufte er sich den ersten Band von Artur Jussupows Tigersprung-Reihe und ließ sich das Buch vom Meistertrainer, der zufällig anwesend war, signieren. Die ersten Übungen daraus absolvierte er noch am Abend der Rückkehr nach Erfurt – damit die PS beim nächsten Mal auch tatsächlich auf das Brett kommen.
Seine beste Leistung zeigte Moritz in Runde zwei. Philip Merkel, seinen 17-jährigen Gegner, Spitzenbrett in der Jugendmannschaft der SF Plochingen und 350 DWZ-Punkte schwerer, überspielte der Erfurter mit den weißen Steinen aus der Eröffnung heraus, gewann einen Turm und hatte in folgender Stellung den Sieg auf dem Brett.
Moritz zog 1. Dd7, vergaß nach 1. … a6 aber, mit 2. Te7 oder Tb1 energisch nachzusetzen, so dass ihm die Partie noch aus den Händen glitt. Erst bei der Analyse erkannte er, dass hier statt Dd7 ein (freilich nicht ganz einfach zu sehendes) dreizügiges Matt möglich ist. Wer findet es?
In der Partie gegen den 13-jährigen Jakob Henn (ebenfalls rund 300 DWZ-Punkte voraus) hatte Moritz als Schwarzer eine Leichtfigur ins Geschäft gesteckt und seine Hoffnungen auf die Freibauern gesetzt.
An dieser Stelle zog Moritz 1. …e5, worauf Weiß nach 2. Txf4 exf4 später seinen Läufer gegen das vorgerückte Bauernduo zurückgeben musste. Das entstandene Turmendspiel war schließlich remis, bis ein unbedachter Turmzug Schwarz noch die Partie kostete. All die Aufgeregtheiten wären Moritz erspart geblieben, hätte er in dieser Stellung den sofortigen Gewinnzug gefunden. Wie lautet er?
Mit 538 Teilnehmern in den vorzüglichen Räumlichkeiten des Kongresszentrums Stadtgarten von Schwäbisch Gmünd fand das Traditionsturnier nahezu wieder den Zuspruch aus der Vor-Corona-Zeit. Der aserbaidschanische 2600-Großmeister Eltaj Safarli wiederholte seinen Vorjahressieg ganz überlegen. Mit 8,5 Punkten und nur einem abgegebenem Remis distanzierte er IM Valentin Buckels (Mülheim) und FM Jan Boder (Kastellaun) gleich um anderthalb Zähler.
Turnierseite: https://www.staufer-open.de/
Lösungen:
Franke-Merkel: 1. Te8+!! Txe8 2. De5+! nebst Matt
Henn-Franke: 1. …g3! und der schwarze Bauer läuft zur Dame, z. B. 2. Txf4 g2 3. Tg4 gxf1D+
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Fotos und Text: Axel Eger |