Zur vorletzten Doppelrunde ging es für unser Team gegen die nominell stärksten Teams der Liga: Münchener SC 1836, Gastgeber und den FC Bayern München, anders als im Fußball derzeitiger souveräner Tabellenführer.
Die Anreise verlief am Freitag sowie Samstag (Peter und Bernd kamen mit dem Zug) problemlos und so gingen wir mit folgender Aufstellung in die beiden Kämpfe:
1 Franz Bräuer
2 Jan Votava
3 Peter Enders
4 Petr Haba
5 Bernd Vökler
6 Christian Troyke
7 Thomas Casper
8 Nikita Myshkin
Die Gastgeber mussten zwar auf einige hochkarätige Spieler verzichten, waren mit ihrer Aufstellung aber dennoch favorisiert.
Franz hatte am Spitzenbrett die erwartet schwere Aufgabe gegen Gawain Jones (Elo knapp 2690) und wählte in der Eröffnung eine ungenaue Zugfolge. Zu seinem Leidwesen stellte sich hinterher heraus, dass sein Kontrahent diese Variante einst selbst gegen Vladimir Kramnik wählte und der Ex-Weltmeister damals eine neue Idee entkorkte. Mit diesem Wissensvorteil war Franz chancenlos und verlor. Jan hingegen kam zu einem problemlosem „Großmeisterremis“. Die schlussendliche Zugwiederholung in einem Katalanisch-Hauptabspiel gab es bereits mehrfach. Peter spielte ausgangs der Eröffnung ungenau und büßte einen Bauern ein. Die betont optimistische Körpersprache seines Gegners veranlasste ihn sich innerlich „Watson, wir sind noch nicht fertig!“ zu denken und auf dem Brett für einigen Betrieb zu sorgen. So kam er kurzfristig zu gutem Gegenspiel. Bei Petr war nie viel los und er erreichte ein solides Remis. Bernd wurde in der Eröffnung überrascht und gab schnell einen Bauern. Kompensation war zwar gegeben, die Dinge gestalteten sich jedoch als schwierig. Leider entglitt Bernd die Partie und verlor. Christian opferte ausgangs der Eröffnung mutig eine Qualität, übersah allerdings ein wichtiges Detail und musste bald darauf ebenfalls die Waffen strecken. Cassi spielte wie gewohnt sicher aber harmlos. Remis war das logische Ergebnis. Die vorerst einzige Freude bereitete uns Nikita: der geplante Königsangriff seines Gegners verpuffte sehr schnell und Nikita blieb mit einem gesunden Mehrbauern über, den er dann ohne größere Probleme verwertete. Die Niederlage stand bereits fest, doch Peter, der inzwischen in ein gewinnträchtiges Turmendspiel gelangt war, kämpfte um den vollen Punkt. Es kam zum Übergang in das Endspiel Dame gegen Turm und b-Bauer. Laut Tablebase war die konkrete Stellung wohl Remis, doch bei sehr knapper Zeit gelang Peter der Bauern- und schließlich der Partiegewinn. Eine starke Willensleistung unseres Altmeisters!
Den Abend ließen wir in unserer Unterkunft „Alter Wirt“ gemütlich ausklingen und schworen uns darauf ein, den Tabellenführer am nächsten Tag zu überraschen.
Am Sonntagmorgen waren wir es, die zunächst überrascht worden. Die Bayern hatten zwei Spieler ausgetauscht und traten nun mit den beiden Großmeistern Noel Studer und Klaus Bischoff an. Dies zeugte von einigem Respekt, den sie unserem Team entgegenbrachten. Und so begann ein umkämpftes Match.
Franz war es diesmal vorbehalten seinen Gegner in der Eröffnung zu überraschen. Durch ein vorübergehendes Bauernopfer riss er früh die Initiative an sich. Jan überraschte seinen Gegner mit einem ruhigen Abspiel der Italienischen Partie. Zunächst neutralisierten sich beide Parteien. Peter bekam einen schwerblütigen Königsinder aufs Brett, der zunächst etwas ungelenk wirkte. Ein frühes Remisangebot seinerseits wurde abgelehnt, doch irgendwann im Mittelspiel wendete sich das Blatt und Peter gab den Ton an. Petr spielte wie am Vortag sehr solide und steuerte als Erster ein Remis bei. Bernd geriet früh unter Druck und musste eine strategisch verdächtige Stellung verteidigen. Christian steuerte nach kurzer Abtastphase ebenfalls ein Remis bei. Cassi spielte in der Eröffnung originell, was jedoch optisch keinen guten Eindruck machte. Mit zunehmender Partiedauer wurde der Druck seines Gegners immer stärker. Nikitas Gegner wirkte gut vorbereitet und verbrauchte im Gegensatz zu unserem russischen Shootingstar wenig Zeit für die Eröffnung. Dies machte sich im weiteren Partieverlauf bemerkbar und wir kassierten die erste Niederlage. Doch schöpften wir diesmal aus dem Rückstand neue Kraft und kämpften uns in das Match zurück: Dabei ging es an den Spitzenbrettern dramatisch zu: Jans Gegner übersah in optisch harmloser Stellung einen einfachen Trick, der ihn zunächst einen Bauern und kurz darauf die Partie kostete. Franz hatte sich durch eine starke Initiative für einen Zug lang eine Gewinnstellung erarbeitet. Statt der relativ einfachen Fortsetzung wählte er leider den komplizierten Weg. In beidseitiger Zeitnot erbeutete er zwar einen Bauern, die Stellung war aber weiterhin nicht so klar. Kurz vor der Zeitkontrolle ließ er dann versehentlich eine dreifache Stellungswiederholung zu, wodurch das Remis besiegelt wurde. Erneut gerieten wir in Rückstand, indem Cassi nach quälend langer Passivität die Segel streichen musste. Nun war es Peter vorbehalten, den erneuten Ausgleich zu erzielen: Sein zwischenzeitlich erarbeitetes materielles Übergewicht konnte er dank guter Technik zum vollen Punkt verwerten. Bernd schaffte es schlussendlich seinen Laden zusammenzuhalten und nach fast sechs Stunden Spielzeit den 4:4-Endstand herzustellen.
Alles in allem können wir mit dem Wochenende zufrieden sein: er Klassenerhalt wurde, so lang es daran noch Zweifel gab, nun rechnerisch gesichert und wir konnten zeigen, dass wir auch gegen die nominell besten Teams der Liga mithalten können, wenn wir nicht in Bestbesetzung antreten.
Den Saisonabschluss Ende März in Plauen können wir also ganz entspannt angehen.
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