4. World Team Championship 50+ & 65+
Ein Bericht von Thomas Casper
Vom 26.06.-04.07.2016 fand die 4. Senioren-Mannschaftsweltmeisterschaft der Senioren in Radebeul statt. Da Thüringen schon letztes Jahr ein erfolgreiches Team in der Kategorie 50+ auf die Beine gestellt hatte, ließen wir uns die Möglichkeit nicht nehmen auch diesmal wieder dabei zu sein.
Die Veranstaltung nahmen wir in der Aufstellung Peter Enders, Thomas Casper, Achim Brüggemann (alle von unserem Verein), Lutz Espig (SK König Plauen, wohnhaft Greiz) und als sächsischer Gastspieler Gunter Sandner (SK König Plauen) in Angriff, wobei die ersten drei Bretter durchspielten und Lutz (Runden 2-5 und 9) und Gunter (Runden 1 und 6-8) sich das vierte Brett teilten.
Ursprünglich hatten wir auch Bernd Vökler als Mitspieler vorgesehen, der aber wegen dienstlicher Belange leider absagen musste. Zudem war unser 4. Brett vom Vorjahr Thomas Pähtz bereits frühzeitig von Dr. Gerhard Köhler als Teamchef der Lasker-Gesellschaft für das Turnier vereinnahmt worden.
Das Turnier 50+ war dieses Jahr wesentlich stärker besetzt als 2015. Island und England hatten je 5, Armenien und die Lasker-Gesellschaft je 4, Deutschland 3 Großmeister am Start. Wir waren an Nummer 7 gesetzt und erhofften uns (unter Berücksichtigung der Tücken des Schweizer Systems) einen Platz unter den besten Zehn.
Um es vorwegzunehmen - wir spielten nach meiner Auffassung ein hervorragendes Turnier:
In der ersten Runde als klarer Favorit ein 3:1 gegen Heidenau (weil ich nach Siegen von Gunter und Peter ins Remis einwilligte und Achim ein wenig froh sein durfte, ein solches Angebot von seinem Gegner zu erhalten), in der 2. Runde (immer noch als klarer Favorit) ein 4:0 gegen Graz, an dem es nichts zu beanstanden gab. Die dritte Runde brachte uns dann die Nummer 1 der Setzliste Island. Vier Großmeister saßen uns gegenüber, aber wir hielten ordentlich mit. Ich erreichte bald ein Unentschieden, Lutz stellte in ausgeglichener Stellung durch einen unmotivierten Vorstoß einen Bauern ein, stand im höheren Sinn auf Verlust, spielte aber unverdrossen weiter und holte sich nach einigen schwächeren Zügen seines Gegners den Bauern zurück und landete im Remishafen. Achim konnte sich nach Eröffnungsungenauigkeiten nie so recht befreien und verlor schließlich. Peter spielte eine wilde Partie, die keiner von uns so recht verstand. Nach der Zeitkontrolle glaubte er einen Gewinnweg erspäht zu haben, lief aber leider in eine Dauerschachfalle. Hinterher stellte sich heraus, dass eine Zugumstellung den Sieg bedeutet hätte. Endstand also 1,5:2,5. In der vierten Runde spielten wir dann gegen Empor Potsdam, wieder ein schlagbarer Gegner. Wir taten uns aber ganz schön schwer. Ich war als erster fertig, da ich nach der Eröffnung nichts erreicht hatte und mit Remis einverstanden war. Peter geriet nach einem groben Schnitzer in einen gewaltigen Angriff, überstand diesen mit Glück in ein etwas schlechteres Endspiel und gewann dann durch eine einfache Springergabel die gegnerische Dame und die Partie. Achims Position schien mir zeitweise verdächtig, aber auch er gewann letztlich. Nur Lutz ließ nichts anbrennen und überspielte seinen Gegner langsam, aber sicher. So gewannen wir mit 3,5:0,5.
Danach ging es gegen England 2. Es war davon auszugehen, dass dies ein Kampf auf Augenhöhe sein würde. Insbesondere war klar, dass viel vom Ergebnis am ersten Brett, wo es Peter mit dem GM James Plaskett zu tun hatte (der letztlich mit 7,5 aus 9 ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielte), abhängen würde. Leider spielte Peter hier seine schlechteste Partie und verlor chancenlos. Auch Achim und Lutz konnten gegen ihre nominell schwächeren Gegner(innen) keinen Sieg einfahren. So blieb es mir vorbehalten, nach eigener schwächlicher Eröffnung meinen Kontrahenten im Endspiel zu bezwingen und das 2:2 zu sichern. Die sechste Runde brachte uns dann gegen Kanada, an Nummer 6 gesetzt, also wieder ein Kampf auf Augenhöhe. Gunter machte erst einmal sicher Remis, Achim spielte eine scharfe Eröffnung, geriet aber in Nachteil, er landete in einem schlechten Endspiel mit Minusbauern. Dann aber gelang ihm ein schöner Trick (Diagonalangriff eines Läufers auf zwei Türme). Letztlich war die Position mit Turm und Läufer gegen Turm und zwei Bauern aber nicht zu gewinnen, also auch Remis. Ich spielte eine erbärmliche Eröffnung, geriet sofort unter Druck und war bei vollem Brett fast patt. Nach einem unmotivierten Angriff meines Gegners kam ich aber zu Gegenspiel und konnte mich ins Remis retten. Peter erreichte bestenfalls mikroskopische Vorteile, bearbeitete seinen Gegner aber unentwegt und landete im Endspiel Turm und Springer gegen Turm. Nun hatte Peter 50 Züge Zeit, um die Partie zum Sieg zu führen. Nach 30 Zügen war kein Fortschritt zu erkennen, dann aber ließ Peters Gegner nach und Peter erlangte eine theoretische Gewinnstellung. Allerdings schaffte er es nicht innerhalb der vorgegebenen 50 Züge diese umzusetzen, also Remis (ca. vier Züge vor dem Matt!). Im Nachhinein stellte sich noch heraus, dass aufgrund einer Stellungsbesonderheit Peter im 48. Zug Matt oder Turmgewinn hätte erzwingen können. Endstand also auch 2:2. In der siebenten Runde trafen wir wieder auf einen schlagbaren Gegner, die Stiftung BSW/DBAG. Der Kampf wurde eine sichere Sache mit 3,5:0,5 (nur Gunter erreichte wenig und gab sich schnell mit Remis zufrieden). In der Vorschlussrunde trafen wir auf die Slowakei. Der Weltmeister des Vorjahres (diesmal an Nummer 9 gesetzt) hatte auf seine ersten drei Bretter des Vorjahres verzichtet und es war ein knapper Ausgang zu erwarten. Überraschenderweise buchte Gunter schnell den vollen Punkt, sein Gegner stellte frühzeitig eine Figur ein. Bei Achim war nicht viel los, die Partie wurde beizeiten remis gegeben. Peter stand erst leicht besser, dann leicht schlechter, dann war sein Kontrahent nach einem Blick auf meine Partie mit Remis einverstanden. Ich kam zunächst gar nicht zurecht, verbrauchte viel Zeit, geriet erst in eine gedrückte, dann in eine verlorene Stellung mit zwei Minusbauern. Als die Arbeit fast getan war, versagte mein Gegner plötzlich. Erst fand er nacheinander nur jeweils den zweit- oder drittbesten Zug, dann machte er einen schweren Fehler, der allen Vorteil entschwinden ließ. Kurz vor der Zeitkontrolle einigten wir uns (bei nunmehr einem sicheren Mehrbauern auf meiner Seite) auf Remis. Damit hatten wir 2,5:1,5 gewonnen, in Summe 12:4 Mannschaftspunkte erreicht und lagen auf dem alleinigen 5. Platz. Wir waren so bereits vor der Schlussrunde sicher, unsere Zielstellung erreicht zu haben. Natürlich war klar, dass wir nun gegen einen der Spitzenreiter ran durften. Die deutsche Mannschaft erwies sich in der letzten Runde für uns als zu hohe Hürde, nur ich schaffte ein Remis. Lutz verlor sang- und klanglos, Peter und Achim wehrten sich lange, mussten aber schließlich die Überlegenheit ihrer großmeisterlichen Gegner anerkennen. Durch das 0,5:3,5 rutschten wir auf Platz 8 ab, Deutschland überholte mit diesem hohen Sieg noch die bis dahin knapp führenden Armenier und wurde Weltmeister.
Wie oben gesagt bin ich mit unserem Auftreten sehr zufrieden. Ich denke, die Mannschaft wird mir zustimmen. Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei Lutz und Gunter, die durch ihre Zusagen unsere Teilnahme erst ermöglicht haben.
Im Rahmenprogramm der Veranstaltung wurden auch die inoffizielle Blitzeinzel- und -mann-schaftsweltmeisterschaft der Senioren (allerdings ohne Aufteilung in 50+ und 65+) ausgetragen. Am Mannschaftswettbewerb (2 Spieler pro Mannschaft) nahmen Peter Enders und Thomas Pähtz für Erfurt teil. Es gelang ihnen völlig überraschend gegen starke (vor allem englische, armenische und russische) Konkurrenz das Turnier zu gewinnen. Damit ist Erfurt inoffizieller Blitz-Mannschaftsweltmeister der Senioren 2016. Herzlichen Glückwunsch!
Abschließend bedanke ich mich bei den Organisatoren für die ausgezeichnete Organisation und reibungslose Durchführung der Weltmeisterschaft. Bei passender Gelegenheit werden wir wieder mitspielen.
|