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Montag, 7. April 2025
Trip nach Riga - Teil 4

Ein Bericht von Olaf Heinzel

Anfang März machte sich ein Erfurter Tross Richtung Riga auf. Vor 4 Jahren waren Cliff Walther mit dem in Norwegen lebenden Rostocker Holger Blauhut die Pioniere. Im Jahr darauf folgte Christian Troyke dem Ruf. Im Vorjahr sind dann Doreen und meine Person dazugestoßen. In diesem Jahr wurde unsere Delegation durch Cassi und Oliver Günther erweitert.

Auszug aus meinem Tagebuch:
Donnerstag 03.03.16

4:30 Uhr Abfahrt nach Berlin mit Doreen und Oliver. Christian muss aus beruflichen Gründen den Abendflug nehmen. 7:00 Uhr die vorgesehene Parkbucht nähe Flughafen Berlin-Tegel gefunden und erst einmal Frühstück im bekannten Imbiss. Da der Besitzer und damit der Koch im Imbiss gewechselt hat, hat die Qualität leider auch gewechselt. Egal, Kaffee weckt ein paar Lebensgeister und auf zum Einchecken und Treffen mit Cliff (über ganzniedrig, klassige Fußballspiele in England und niedrig klassiges Fußballspiel in Osnabrück zum Flughafen) und Cassi (Besuch eines Freudes in B – Kreuzberger Nächte sind ..).
Klappt alles super, ebenso die Landung in Riga. Auf zum Bus in die Innenstadt. Im letzten Jahr gab es wegen der Bustickets Silbergeldprobleme und dadurch erhebliche Verzögerung bei der Abfahrt. Daher haben Doreen und ich schön Silbermünzen gesammelt. Aus diesem Grunde haben wir jeder ein 3-Tages-Ticket für 10 € gezogen und unsere Scheine verwendet! Aber es hat sich gelohnt. Kurz vor unserer Zielstation hält der Bus am Straßenrand und 5-6 Damen stürmen den Bus. Kontrolle! Ich kapiere es nicht und drücke hektisch den Aussteigknopf, was mir sofort die Aufmerksamkeit der Damen bringt.
Nachdem wir unser Gepäck in unserem „Stammhotel“ bei den Markthallen untergebracht haben, geht es zum Hauptbahnhof um dort diverse zubereitete Pelmeni und Beilagen zu sich zu nehmen. Bei der Getränkewahl half Doreen mit den Worten „wir sind im Urlaub“ und das einheimische Bier war mit an Bord. Gestärkt vom köstlichen und günstigen Mahl geht es für die ESKler in die Innenstadt um 2 Dortmunder Trinkfreunde von mir zu treffen. Cliff und Oliver brauchen eine Pause.
Vom Tourizentrum geht es dann in unsere einheimische Stammkneipe. Nach dem Genuss der lettischen, kulinarischen Köstlichkeiten geht es um 22 Uhr zum Hotel, um den bereits auf Bier wartenden (nach 22 Uhr kann man im Supermarkt keinen Alkohol mehr erwerben) Christian zu begrüßen.

Freitag 04.03.16

Gegen 10 Uhr geht es auf den Zentralmarkt Riga. Er ist der größte Lebensmittelmarkt Lettlands. In den 1930er Jahren als der größte und modernste Markt Europas. Dort ist Frühstück angesagt. Ich habe 3 Dosen Kupfergeld, je eine 1, 2 und 5 Cent dabei. Im letzten Jahr habe ich kiloweise Kupfergeld hier erhalten, da z.B. der Becher Kaffee 36 Cent kostet. Da sich der Preis nicht geändert hat, gibt es dieses Jahr Kupfer von mir! Treffpunkt ist ein Tisch in der Fischhalle, wo jeder seine Einkäufe dann verspeist. Anschließend wird festgelegt, dass das Grab vom Zauberer von Riga besucht wird. Bei nasskalten Wetter suchen wir über 30 min. nach dem Grab von Mikhail Tal. Die jungen Gärtner auf dem jüdischen Friedhof stellen keine Hilfe dar. Ebenso bringt uns ein Foto von Hajo Hechts gegoogleten Bericht nicht viel weiter. Letztendlich kann Cassi bei der älteren Blumenverkäuferin den entscheidenen Hinweis, hinter der Kapelle rechtsvorne, ermitteln.

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Das Grab des Zauberers aus Riga

Jetzt heißt es erst einmal aufwärmen und wir entdecken ein Kantine mit Blick in eine Eishalle, wo ein Trainingsmatch der Studenten läuft. Leckeres Mittagsmenü für kleines Geld und Bieraktion 3 für 2 wärmen uns schlagartig. Dabei schaut man dem mäßigen Hockeyspiel zu. Selbst die Auswechslungen heben die Qualität des Matches nicht, wie Doreen anmerkt. Schließlich stand es mal 13:04 und nun 13:28. Christian schaut seine Frau bei soviel Sachverstand nur staunend an, während ausser mir sonst keiner vom Essen aufschaut. Als ich dann in das ernste Gesicht von Doreen schaue, merke ich an, dass es eventuell die Uhrzeit sein könnte. Man hörte förmlich die Groschen klacken und die Fragestellung nach der Uhrzeit „wieviel steht es“ ist geboren.

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Essen mit Eishockey

Bis zum Treffen in unserer Stammkneipe trennen sich die Wege. Die Troykes gehen sich ausruhen, Oliver geht Riga-City näher begutachten, Cliff und ich wollen ins Russenviertel nach unserer exklusiven Kneipe aus dem Vorjahr schauen. Cassi schließt sich uns an. Auf den Weg dorthin treffen wir die 5-6 Damen von gestern wieder. Dieses Mal bleibe ich souverän!
Seit Oktober 2015 gibt es neuen Kneipenbesitzer. Während in der guten alten Zeit unklar war, ob es sich um eine Kneipe oder um ein Klo mit Kinderwagenstellplatz handelt, ist es aktuell sauber und freundlich eingerichtet. Allerdings gibt es dafür kein Bier mehr zu erwerben. Also kurz umgeschaut und in sichtweite eine neue Lokalität ausgemacht. Und was für ein Schuppen! Eine freundliche ältere Russin zapft einem das Bier, nachdem man die Klingel auf dem Tresen bedient. Es gibt viele freie wacklige Stühle und Tische. Die 3 anderen Gäste sind voll wie tausend Russen. 2 schlafen am Tisch und eine uralte Frau brabbelt mit sich selbst und wackelt mit einem halbvollen Glas hin und her. Im Hintergrund läuft eine russischer Sender mit Trash-TV – alleinerziehende Mütter und ihre mehr oder weniger verzogenen Kinder –. Gegen 17 Uhr kommen die nächsten Gäste, nehme an Teile der arbeitenen Bevölkerung. Allerdings haben wir bis dahin das Fass schon leer gemacht und auch Riga Balsam (ein leckerer Schnaps/Likör) ist nicht mehr im Programm. Also auf zur Stammkneipe und das Wiedersehen mit den Anderen feiern. Dazwischen zwingt die Blase einem noch zum Zwischenstopp in einem Imbiss. Dort wird auch Schach gespielt. Eine Einladung lehne ich dankend ab, schließlich bin ich nicht zum Schachspielen in Lettland! Beim kleinen Mahl mit Wizzard wird der Abend dann eingeläutet. Gegen 21 Uhr taucht der bis dahin vermisste Oliver auf. Im Schlepptau 2 Einheimische. In Rigatown hat er kurzer Hand per Speeddatingverfahren einen Einwohner mit seiner Frau zum Stadtführer umfunktioniert. Kurz vor Ladenschluss treffen dann auch noch die Dortmunder ein. Oliver und ich ziehen dann mit meinen Freunden weiter. Wobei Oliver weitere Einheimische klar macht und später noch in einer Disko verschwindet. Ich bleibe solide bei meinen Freunden.

Samstag 05.03.16

Wie am Vortag ist Frühstück in den Markthallen angesagt. Während ich den Kaffee ohne Probleme für Kupfer bekomme, stellt sich das Gebäck als schwieriger Fall dar. Nachdem ich bereits 20 Cent in 2er hingelegt habe, kommen die ersten Flüche. Bei Verdoppelung der Menge werden die Flüche durch eindeutige Gesten untermauert. Darauf packe ich die 2-Cent-Dose ein und kippe aus der 1-Cent-Dose nach. Nun werden die Flüche richtig laut und das Gebäck wird von der Ladentheke entfernt. Was ist nur aus dem Osten geworden? Früher wurden der arrogante Wessi zwar auch immer beschimpft, aber man nahm seine harte Währung und ertrug ihn! Naja, dann halt einen anderen Stand besuchen und auf zum Bahnhof um nach Jurmala zu fahren.

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Die Fischhalle

Seit Weltklassespieler Alexei Shirov nach Lettland zurückgekehrt ist, finden dort regelmäßig Turniere statt. Er tritt dabei nicht nur als Spieler und Zugpferd auf, sondern auch als Organisator. Vor dem Schnellschachturnier fand z.B. ein GM-Rundenturnier statt. 1987 nahm Cassi an einen GM-Rundenturnier in Jurmala teil. Dort spielte er mit Schwarz Remis gegen den Turniersieger Tal und erzielte auch nur einen Punkt weniger als der Ex-Weltmeister! Aus diesem Grund lud Alexei Thomas zum Schnellschachturnier ein. Am Samstagnachmittag fanden 6 Runden statt. Soweit das schachliche zum Samstag. Abends ging es dann mit Holger, der in Jurmala zu uns gestoßen ist, traditionell zum Chalahacz-Essen. Keine Ahnung ob es korrekt geschrieben ist. Auf alle Fälle sind es Fleischberge. 1 kompletter Teller besteht aus 3 sehr großen Rostbrätel. Auch die anderen Gerichte, Beilagen sind von der Menge ähnlich angesiedelt. Die Qualität ist sehr gut. Für uns 7 haben wir 4 Portionen geordert. Da 3 Personen noch 2 Brätel verdrücken könnten, orderte Cliff auf russisch 2/3 Chalahacz. Natürlich wäre es auch in Englisch oder Deutsch möglich gewesen, aber wann bekommt man schon die Gelegenheit sein Russisch aufzubessern? Selbstverständlich erhielten wir nicht 2/3 sondern 2 komplette Portionen! Da musste halt jeder noch einmal ran, aber zu schaffen war es nicht. Sicher war nur, dass Cliff für Montag keine Taxen ordert, da wir nicht 7 Taxen für 1 Uhr haben wollten!

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Chalahadzh

Sonntag 06.03.16

Frühstück im Hotel und dann zu den nächsten 6 und zum Glück auch letzten Runden. Wie man daraus erkennen kann, bin ich nie richtig in Tritt gekommen. In den 12 Runden spielte ich einmal gegen einen Elomäßig besseren Gegner. In der Tabelle steht am Ende 6 Punkte, Platz 72 und -48 Schnellschach-Elopunkte. Christian erzielte ebenfalls 6 Punkte, Rang 63 und +1. Er hatte immerhin 4 GMs, 2 IMs mit besserer Zahl und eine WGM. Richtig zufrieden war er nicht. Mit 6,5, Platz 50 und -8 war Cassi der Bestplazierte aus unserer Riege. 3 GMs, 3 IMs, 4 nominell bessere Gegner. Doreen kann mit Ihrem Ergebnis zu frieden sein. 4 Punkte, Rang 111 und ein Eloplus von 11 Punkten sind der verdiente Lohn. In der ersten Runde musste gleich IM Carlstedt aus Hamburg dranglauben! Cliff erzielte ebenso 4 Punkte und stellte noch mehr Elo weg als ich. Holger kostete das Turnier 7 Elo und Oliver ging es im B-Open auch nicht anders. Der Turniersieg ging verdient an Loek van Wely. Er startete mit 6 aus 6. Nach eigener Aussage hätte er mit 9 aus 9 starten müssen. Letzlich holte er am 2. Tag aber 6 Remis was ihm den Sieg „nur“ nach Wertung einbrachte. Titelverteidiger Vassily Ivanchuk, Alexander Shabalov -der 1987 punktgleich mit Cassi war- und Arturs Neiksans folgten auf den Plätzen mit ebenfalls 9 Punkten. Hier der Link zur kompletten Tabelle

Eigentlich war im Vorfeld das Abendmahl beim Usbeken geplant. Doch da es am Vorabend so ein Spaß beim Chalahacz war, wurde dieser erneut besucht. Schließlich hat man auch nur einen kleinen Teil verspeisen können. Ohne Vorkommnisse ging es danach zum Hotel, denn 6:40 Uhr war die Abfahrt am nächsten Morgen. Shirov fing uns aber an der Rezeption ab und lud zum Untrunk ein. Cliff und die Troykes konnten sich noch entziehen, der Rest senkte den Eloschnitt an den Tischen. Irgendwann wurden auch Holger und Cassi vernünftigt. Oliver und ich versackten. Wobei ich sagen muss, dass wir uns auf diversen nicht veröffentlichten Fotos hervorragend hielten. Nur die trinkfeste Ex-Europameisterin Valentina Gunina sah auch morgens um 4:30 Uhr wie das blühende Leben aus!

Montag 07.03.16

6:00 Uhr Wecker ausgestellt. 6 zu 30 Uhr ruft mein Zimmergenosse HUHU. Die Eule ruft wahrscheinlich öfter und früher, aber ich nehme es nun erst wahr. Nach Zahnpflege und Katzenwäsche bin ich um 6:45 Uhr beim Taxi. Inzwischen konnte der Verlust von Oliver ermittelt werden. Telefonisch gibt er dem heutigen Flug eine Absage. Vor dem Einsteigen in den Flieger und nach der Landung erhalte ich noch weitere HUHUs. Nach der Ladung geht es dann noch zum Frühstück in den Imbiss bevor es mit dem Auto zurück nach Thüringen geht.

Dienstag 08.03.16

Brauche immer noch Erholung von dem Turnier. Oliver ist gegen Abend auch schon in Erfurt angekommen. Wegen Nebel mit Zwischenstopp in Dresden.


Soweit die Auzüge aus meinem Tagebuch. Schön war es und das Turnier ist für nächstes Jahr, wahrscheinlich wieder das erste Märzwochenende, vorgemerkt. Es kämpft sich in der Rangliste in die Katergorie Leutasch, Hoyerswerda und Hüttensause. Sollte der Leser den Eindruck bekommen haben, dass es hier mehr um die kulturellen und kulinarischen Dinge in und um Lettland ging, statt um Schach, so hat er den Artikel verstanden!

Der nächste Besuch in Richtung Baltikum ist aber schon Ende des Jahres ins Visier genommen. Vom 14-18. Dezember findet in Tallinn die Blitz- und Schnellschacheuropameisterschaft statt. 2 Tage Schach und 2 Tage Tallinn bieten sich da an!
Liebe Grüße Euer Olaf


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