2. Schachbundesliga
Wieder ein Punkt für uns – und knapp am Sieg vorbei 2. Bundesliga-Wochenende Schwäbisch Hall 12.-13.12.2015
14.12.2015 - 18:58

Am 12. und 13.12.2015 fanden die dritte und vierte Runde der Bundesliga in Schwäbisch Hall statt. Diesmal hatten wir es mit Berlin und Dresden zu tun. Welche Spieler unsere Gegner aus ihrem umfangreichen Aufgebot gegen uns (und Schwäbisch Hall) antreten lassen würden, konnten wir im Voraus nicht wissen. Da beide Mannschaften jedoch ihre Wettkämpfe der 1. und 2. Runde verloren hatten, gingen wir davon aus, dass gegen uns Punkte eingefahren werden sollten. Wir liefen mit folgender Mannschaft auf:


Evgeny Romanov
Andriy Vovk
Oliver Mihok
Franz Bräuer
Heiko Machelett
Peter Enders
Bernd Vökler
Thomas Casper

Bernd kam direkt von der Deutschen Meisterschaft aus Saarbrücken, wo er die deutsche Nachwuchshoffnung Vincent Keymer betreut hatte. Evgeny reiste am Freitag aus Mittelamerika an und hatte das gesamte Wochenende noch mit dem Jetlag zu kämpfen.

Nachdem am Samstag die Mannschaftsaufstellungen bekannt gegeben worden waren, stellte sich heraus, dass vor allem Berlin und mit Abstrichen auch Dresden nicht mit allerstärkster Aufstellung angereist waren. So hatte Dresden - warum auch immer - auf den U16-Weltmeister Roven Vogel verzichtet, der in der zweiten Mannschaft zum Einsatz kam. Damit ließ sich am Samstag gegen Berlin schon von der Aufstellung her (wir hatten immerhin an drei Brettern ELO-Vorteile) ein spannender Kampf erwarten.

Die Erwartungen wurden dann auch erfüllt. Evgeny spielte gegen den ehemaligen Erfurter Martin Krämer eine ungewöhnliche Eröffnung und opferte einen Bauern. Das sah alles sehr merkwürdig aus, aber Martin kam (in vermutlich besserer Position) mit den Stellungsproblemen nicht zurecht, ließ ein Qualitätsopfer zu, das seine Königsstellung zerlegte und wurde danach sehr schnell vom Brett gefegt. Eine spektakuläre Leistung von Evgeny! In Andriys Partie entwickelte sich ein äußerst komplizierter und schwer einschätzbarer Kampf, Oliver baute sich solide auf und erlangte leichten Vorteil, Heiko erhielt im Franzosen eine gedrückte aber feste Stellung, Peter erreichte einen ihm sehr genehmen Stellungstyp (Ben-Oni im Anzug mit 1. b3, da er sich gegen die Caro-Kann-Spezialvarianten von Arnd Lauber nicht ausreichend gewappnet sah) und bei mir war sehr schnell gar nichts mehr los und die Partie verflachte in einen ungleiches reines Läuferendspiel und wurde alsbald remis gegeben. Zur Sorge gaben zunächst nur Franz und Bernd Anlass. Franz hatte es mit dem nominell besten Berliner, dem polnischen GM Kacper Piorun, der erst vor kurzem in Bad Wiessee groß aufgetrumpft hatte, zu tun, bekam ein seltenes Abspiel vorgesetzt, verwechselte die Varianten und verlor einen Bauern ohne ersichtliche Kompensation. Bernd wurde im Maroczy-Sizilianer als Schwarzer stark unter Druck gesetzt. Im weiteren Verlauf überspielte Peter seinen Gegner, der zu früh die Stellung öffnete und gewann sicher, Franz bekam keine Chance mehr und verlor, Heiko hielt ziemlich problemlos das Unentschieden. Andriy gewann seine Partie nach wildem Handgemenge im damenlosen Mittelspiel in beiderseitiger Zeitnot durch einen Mattangriff. Sein Gegner Ilja Schneider war darüber so erbost, dass er wie von der Tarantel gestochen aufsprang und die Figuren mit lautem Knall auf das Brett warf. Aus meiner Sicht eine unangemessene (von einer Gewinnstellung für Ilja konnte trotz Mehrbauern nicht die Rede sein) grobe Unsportlichkeit. Somit stand es 4:2 für uns, aber leider hatte Oliver seine Position inzwischen verdorben und konnte den gegnerischen Angriff nicht mehr parieren und auch Bernd, der sich noch als letzter wehrte, konnte die Niederlage nicht verhindern. So endete der Wettkampf unentschieden, ein gutes Ergebnis für uns, aber wir hatten sogar Siegchancen.

Am Sonntag ging es dann gegen Dresden. Diese hatten am Samstag gegen Schwäbisch Hall klar verloren und standen damit immer noch bei null Mannschaftspunkten, was sich gegen uns natürlich ändern sollte. Der Kampf verlief dann auch relativ einseitig, vor allem weil Heiko nach guter Eröffnungsbehandlung in besserer Stellung den falschen Plan fasste und chancenlos überspielt wurde und Franz in spannender Position nach einem Qualitätsopfer ebenfalls auf Abwege geriet, so dass an diesen beiden Brettern beizeiten mit Niederlagen zu rechnen war, die sich dann auch einstellten. Evgeny (nach jetlagbedingtem Erwachen um 4 Uhr früh, danach Vorbereitung und Frühstück um 7.30 Uhr und dann wieder ins Bett) spielte gegen den Weltpokal-Halbfinalisten Pavel Eljanov eine schwerblütige Partie, verlor nach eigener Aussage kurzzeitig die Kontrolle und schlug sich mit einem Minusbauern herum. Andriy wählte gegen Zoltan Almasi ein für den Zuschauer verdächtig aussehendes Abspiel im Sizilianer, das für mich Anlass zur Sorge gab, hielt aber stand und erreichte ein sicheres Remis. Olivers Position gegen Mateus Bartel schien zunächst ein wenig besser zu sein. Oliver verpasste dann im Endspiel eine gute Möglichkeit und die Partie verflachte zum Remis. Peter stand in seiner Partie gegen Jens-Uwe Maiwald völlig neben sich, leistete keinen Widerstand, verlor eine Figur ohne Ersatz und Sache schien nach kurzer Zeit erledigt. Ich verlor in ausgeglichener Stellung im Mittelspiel völlig den Faden (man sehe auch Heiko und Franz) und konnte mich bei meinem Gegenüber Paul Hoffman bedanken, dass dieser eine klare Gewinnfortsetzung ausließ, sodass wir uns in unklarer Position bei beiderseits knapper Zeit auf Remis einigten. Nur Bernd lieferte eine starke Partie ab und gewann überzeugend. Dass überhaupt noch Spannung in den Wettkampf kam, lag an Jens-Uwe Maiwald, der es unerklärlicherweise nicht vermochte seine Gewinnstellung in einen Sieg zu verwandeln. Stattdessen stellte er im Endspiel einen Bauern nach dem anderen ein und schaffte es dann nicht mehr Peters in Bedrängnis befindlichen König mattzusetzen. Dies war ein geschenkter halber Punkt für uns. Evgeny gab in seiner Partie noch alles, spielte trotz Minusbauern auf Gewinn, es sprang aber nicht mehr als Remis heraus. So ging der Wettkampf mit 3,4:4,5 für uns verloren.

Wir haben an diesem Wochenende zwei Wettkämpfe auf Augenhöhe bestritten und immerhin einen Mannschaftspunkt geholt. Wir haben zumindest gezeigt, dass wir mithalten können. Insoweit bin ich zufrieden. Herausheben möchte ich noch die Partien von Evgeny und Andriy gegen Berlin.

Abschließend danke ich dem SK Schwäbisch Hall für die Ausrichtung und Gastfreundschaft.


Thomas Casper


Rudolf Ruether


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