Am 08./09.11.2014 wurden in Erfurt die 3. und 4. Runde der 2. Bundesliga ausgetragen. Unser Reisepartner Bindlach und wir hatten es mit den aus dem fernen Bayern kommenden Teams von Wacker Neutraubling und SK Passau zu tun. Wir waren als Ausrichter festgelegt worden.
Diesmal taten wir uns schwer, ein passendes Spiellokal zu finden. Verschiedene Anfragen
u. a. bei diversen Hotels (Victor’s, Radisson) scheiterten, so dass uns letztlich nicht anderes übrigblieb, als die Wettkämpfe in unserem eigenen Spiellokal am Nettelbeckufer auszutragen. Da die Räumlichkeiten für 4 Mannschaften eigentlich zu eng waren, hatten uns die Tennisleute dankenswerterweise ihren Vereinsraum in der unteren Etage zusätzlich zur Verfügung gestellt. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten vor allem auf Grund der teilweise spärlichen Beleuchtung im Tennisvereinsraum, was sich in den Nachmittagsstunden des Samstags herauskristallisierte, gelang es dann unter Anschaffung zusätzlicher Lichtquellen ein befriedigendes Ambiente herzurichten. An dieser Stelle vielen Dank an Doreen, Bernd und den Schiedsrichter Herrn Baumgarten, der sich in der Angelegenheit als sehr geduldig erwies.
Weiterhin war uns für das Wochenende laut Bundesligaheft ein „Hospitant“ (Schiedsrichter in Ausbildung) zugeteilt worden. Achim hatte im Vorfeld der Bundesligawettkämpfe beim Bundesligaturnierleiter Jürgen Kohlstädt einen zweiten Schiedsrichter (wegen der getrennten Räumlichkeiten) beantragt, was mit Hinweis auf den Hospitanten zurückgewiesen wurde.
Dieser Hospitant sorgte dann für einige Verwirrung unter den Schachspielern. Zum einen stellte sich heraus, dass er seine Anwesenheit nur für den Samstag vorgesehen hatte (er hatte am Sonntag selbst ein Punktspiel), zum anderen war sein Erscheinungsbild (er bewegte sich nur barfuß) ungewöhnlich. Daher wurde ihm seitens der Schachspieler am Sonntag (als er nicht mehr da war) die Bezeichnung „Hobbit“ verliehen. Außerdem erwies er sich nach unserer Auffassung als nicht allzu sattelfest hinsichtlich der Aufgaben eines Schiedsrichters der 2. Bundesliga.
Das Wochenende bot für uns schachlich zwei grundverschiedene Seiten. Wir spielten mit der gleichen Mannschaft, die in den ersten beiden Runden siegreich gewesen war, also von Brett 1 bis Brett 8 mit Jan Votava, Petr Haba, Franz Bräuer, Peter Enders, Thomas Casper, Matthias Müller, Olaf Heinzel und Christian Troyke.
Am Samstag hatten wir es mit Wacker Neutraubling zu tun. Wir waren an allen Brettern nominell besser besetzt und galten als klarer Favorit. Aber schon nach kurzer Zeit zeigte sich, dass die Dinge nicht so einfach liegen würden. Peter stellte bereits sehr früh (etwa im 12. Zug) mit Weiß eine Figur ein und geriet sofort in eine aussichtslose Lage. Jan spielte seine Eröffnung aus der Sicht des „Amateurs“ etwas ungewöhnlich, aber wir waren zunächst der Meinung, dass sich der Großmeister wohl etwas dabei gedacht hatte. Es stellte sich jedoch heraus, dass dem nicht so war und Jan konnte sich die ganze Partie über nicht aus der Druckstellung, die sein Gegner aufgebaut hatte, befreien und verlor somit ziemlich kläglich. An den anderen Brettern entwickelten sich schwerblütige Kämpfe. Nach einiger Spielzeit hatte Peter plötzlich völlig überraschend - allerdings unter gütiger Mithilfe seines Gegners - den Kopf fast aus der Schlinge gezogen und ein nur leicht schlechteres Endspiel mit einer Minusfigur, für die er allerdings drei Freibauern als Gegenwert besaß, erreicht. Leider gingen mit ihm zu diesem Zeitpunkt die Pferde durch, er vermeinte bereits besser zu stehen und glaubte nun auf Gewinn spielen zu können. Das ging natürlich schief, er stellte einen seiner Freibauern ein und ein zweites Mal gab es keine Rettung mehr für ihn. Unterdessen hatten Thomas und Matthias jeder ein Turmendspiel mit einem Mehrbauern herausgespielt, bei Christian und Franz gab es harte Positionskämpfe und Olaf hatte einen leichten, Petr einen deutlichen Vorteil erkämpft, so dass wir immer noch trotz zweier sich abzeichnender Niederlagen relativ guter Dinge waren. Dann aber übersah Christian einen taktischen Trick und geriet auf die Verliererstraße, Thomas und Matthias konnten ihre besseren Positionen nicht verwerten und bei Olaf war die Angelegenheit letztlich auch verflacht. Nur Petr führte seine Partie sicher zum Punktgewinn. Franz erreichte sogar (als der Wettkampf beim Stand von 2,5:4,5 bereits verloren war) auch noch ein Turmendspiel mit einem Mehrbauern, was er aber - Duplizität der Ereignisse - nicht zum Sieg führen konnte. Somit ging der Wettkampf gegen Neutraubling mit 3:5 für uns verloren und die übereinstimmende Quintessenz der Mannschaft war „kollektives Versagen“.
Bemerkenswert war, dass wir trotz dieser Niederlage die Tabellenspitze der 2. Bundesliga Ost eroberten, denn Nickelhütte Aue war an diesem Samstag spielfrei und unsere erzielten Brettpunkte waren ausreichend, um (bei einem Wettkampf mehr und gleichen erzielten Mannschaftspunkten) vorbeizuziehen.
Im Parallelwettkampf gewann Bindlach ziemlich sicher mit 5:3 gegen Passau.
Am Sonntag war dann der SK Passau, der sich vornehmlich aus österreichischen Spielern rekrutiert, unser Gegner. So saßen uns eben u. a. fünf Österreicher gegenüber. Auch hier waren wir auf Grund unserer Wertzahlen favorisiert und hatten außerdem die Scharte vom Samstag auszuwetzen. Vor allem in einer Hinsicht verlief der Wettkampf sehr günstig für uns - niemand stand jemals schlecht oder Besorgnis erregend. Bei Thomas und Franz passierte nicht allzu viel, die Partien wurden bald Remis gegeben. Peter zeigte sich diesmal gut vorbereitet und stellte seinen Gegner mit einem Qualitätsopfer vor einige Probleme. Jan erreichte nach einer extravaganten Eröffnungsbehandlung seines Gegners ein kompliziertes vermutlich vorteilhaftes Endspiel, hatte aber wie oft einen ziemlich hohen Zeitverbrauch. Petr kam in eine zwar beengte aber relativ ausgeglichene Position. Matthias und Olaf setzten ihre Gegner schwer unter Druck. Christian behielt nach ausgeglichenem Partieverlauf in einem remisverdächtigen Dame-Läufer-Endspiel eine leichte Überlegenheit. Er war es dann auch, der nach einigen Ungenauigkeiten seines Gegners denn ersten vollen Punkt einfahren konnte. Unterdessen hatten Matthias und Olaf jeder einen Mehrbauern erspielt, Petr steuerte seine Partie sicher in den Remishafen und Jan kämpfte unverdrossen offenbar gedenk seiner Darbietung am Samstag um den Sieg. Es gab also nach 4 Stunden für uns keinen Anlass zur Besorgnis, nur die Höhe des Sieges stand zur Debatte. Matthias konnte diesmal überzeugend den Punkt verbuchen und Peter gab sich nach vergeblichen Gewinnversuchen schließlich mit Remis zufrieden. Olaf „gelang“ es, seinen mühsam erarbeiteten Mehrbauern im Endspiel einzügig wieder einzustellen und so musste er sich mit einem Remis begnügen. Das zweifellos spektakulärste Ende gab es bei Jan zu bestaunen. Nachdem er in Zeitnot vermutlich seinen Vorteil verspielt hatte, ließ er sich an Stelle eines möglichen Dauerschachs auf ein völlig unübersichtliches Turm-Leichtfiguren-Endspiel ein, welches er zu gewinnen vermochte. Grundlage war ein zügelang hängender Freibauer auf f7, der sich zunächst weitab jeder Unterstützung befand, dann jedoch doch noch zum Helden der Partie avancierte. Damit hatten wir den Wettkampf mit 5,5:2,5 gewonnen, eine sehr ordentliche Vorstellung abgeliefert und uns für den Samstag rehabilitiert.
Im Übrigen zeigte Wacker Neutraubling, dass der Sieg gegen uns keine Eintagsfliege gewesen war, man erreichte gegen die favorisierten Bindlacher ein 4:4.
Vielen Dank noch an Doreen und Christian für die Gewährleistung der Versorgung am Wochenende.
Nach nunmehr vier absolvierten Runden können wir mit 6:2 Mannschaftspunkten gelassen die nächste Doppelrunde am 06./07.12.2014 in Aue gegen Aue und Leipzig angehen.
Thomas Casper |